Vermutlich hast du bereits einen langwierigen und nicht ganz einfachen Prozess hinter dir, bis du zu deiner wahren Geschlechtsidentität gefunden hast. Doch wie geht es nun weiter, nachdem du dir sicher bist, nicht heterosexuell zu sein? Sollst du es deinen Eltern sagen, die in vielen Dingen konservative Ansichten vertreten? Wie wird die Reaktion von deinen Freunden sein, wenn sie von deiner sexuellen Orientierung erfahren?
Ein Coming-out ist keine Pflicht. Dennoch fühlen sich viele danach erleichtert, denn sie müssen sich nicht länger verstellen. Auch erfährt man in der heutigen Zeit deutlich mehr Akzeptanz für dieses Thema als früher.
Trotzdem kostet dieser Schritt oftmals große Überwindung. Folgende Tipps können dir helfen, dass dein Mut zum Coming-out mit einer Art Befreiungsschlag belohnt wird:
1. Schreibe einen Brief
Nicht jeder fühlt sich wortgewandt und bei schwierigen Situationen einem direkten Gespräch gewachsen. In diesem Fall ist das Schreiben eines Briefes die ideale Lösung. Du kannst dir die Wahl deiner Worte in Ruhe überlegen und dich beim Nachdenken über den Text noch einmal selbst reflektieren. Niemand setzt dich beim Verfassen deiner Zeilen unter Druck. Möglicherweise fällt es dir beim Schreiben auch leichter, Emotionen auszudrücken, die du dich sonst nicht zu sagen getraut hättest.
Ein weiterer Vorteil eines Briefes ist, dass dein Gegenüber nicht spontan antworten muss. Es geht ihm vielleicht genauso wie dir, als du dein inneres Coming-out hattest. Du hattest auch Zeit gebraucht, bevor du dir deine sexuelle Ausrichtung eingestehen und sie akzeptieren konntest.
Am besten spielst du den Ball ins Feld deines Ansprechpartners und ermunterst ihn in deinem Brief, sich bei dir zu melden, sobald er zu einem Gespräch bereit ist.
2. Veranstalte eine Überraschungsparty
Du bist lesbisch? Du bist schwul, trans, intersexuell? Egal. Dein Coming-out verdient es, gefeiert zu werden. Was hast du denn Schlimmes zu verkünden, außer dass du bist, wie du bist? Also: Mache eine Fete, um endlich ein von Ängsten befreites Leben beginnen zu können!
Schmücke den Partyraum mit Luftschlangen und Konfetti in Regenbogenfarben. Serviere einen Kuchen, der außen schlicht und innen schillernd bunt ist. Lege dir eine Bisexuellen-Fahne um die Schultern. Oder lasse dir ein T-Shirt mit einem lustigen Spruch zu deinem Coming-out bedrucken. Für ausgelassene Stimmung sorgen Hits wie „Er gehört zu mir“ von Marianne Rosenberg oder „I’m coming out“ von Diana Ross.
3. Lade zum Essen ein
Du kochst gerne? Perfekt! Wie wäre es, wenn du dir die Speisekarte eines Restaurants aus der Szene besorgst oder über das Internet ausdruckst und diverse Gerichte nachkochst? Welches Menü du auftischst, erfahren deine Gäste aus eben dieser Karte. Auch hier kannst du wieder mit Regenbogenfarben arbeiten, indem du den Tisch beispielsweise mit bunten Servietten oder kleinen Fähnchen dekorierst.
Eine andere Möglichkeit wäre, dass du für alle Pizza bestellst. Auf die Innenseite von einem der Pappdeckel könntest du heimlich dein Coming-out schreiben. Diesen Karton bekommt aber nur derjenige, von dem du denkst, dass er mit deiner sexuellen Orientierung keine Probleme hat. Bei allen anderen steht im Deckel: „Liebe geht durch den Magen.“
4. Konfrontiere mit der Realität
Du hast Angst, dich alleine zu outen? Dann bitte deinen Partner oder deine Partnerin um Unterstützung. Nimm deine große Liebe händchenhaltend mit zu deinen Eltern. Oder tanze mit ihr eng umschlungen auf der Party deiner Freunde.
Diese Möglichkeit, sich zu outen, kann allerdings für andere erst einmal ein Schock sein und auf abrupte Ablehnung stoßen. Darauf solltest du gefasst sein und die ziehen lassen, denen ihre Vorurteile wichtiger sind als du als Mensch. Lasse dich aber auch offen und entspannt auf Nachfragen zu deinem Coming-out ein, damit andere mehr Verständnis für dich entwickeln können.
5. Drehe ein lustiges Video
Ein Coming-out ist kein Weltuntergang und kann sich auch humorvoll präsentieren, etwa in Form eines Videos. Du könntest dafür Freunde oder einen Flashmob zusammentrommeln, mit denen du in deinem Lieblingsoutfit einen fetzigen Tanz vorführst. Ein Sketch mit deinem Herzensmenschen könnte ebenfalls das Potenzial haben, das Eis vor einer Aussprache zu brechen.
6. Überrasche mit einem Fotoalbum
Du hast wunderschöne Fotos von deinem Urlaub mit deinem Freund oder deiner Freundin gemacht? Klebe sie in ein Album und zeige es bei passender Gelegenheit deinen Verwandten oder näherstehenden Menschen. Während du von deinen Reiseerlebnissen berichtest, verstehen die anderen allmählich, dass du dich in Wahrheit outen möchtest. Das Blättern im Buch der Urlaubserinnerungen kann ihnen Zeit geben, die neuen Informationen über deine sexuelle Orientierung zu verarbeiten und erst einmal über andere Themen wie ferne Länder zu reden.
7. Gib versteckte Hinweise
Bestelle Aufklärungsbroschüren über sexuelle Vielfalt, am besten welche mit Tipps für ein Coming-out. Diese lässt du offen in deinem Zimmer herumliegen. Das Info-Material wird sicherlich nicht unentdeckt bleiben und deine Eltern oder Freunde anregen, dir in dem Zusammenhang Fragen zu stellen. Sollte dir das Gespräch unangenehm werden, kannst du immer noch behaupten, dass jemand in deiner Clique bisexuell sei und du ihm mit Ratschlägen beistehen willst. Abgesehen davon kannst du dich auch selbst in den Broschüren informieren.
8. Schaut gemeinsam einen Film
Während Ihr es euch vor dem Fernseher oder im Kino gemütlich gemacht habt und einen Film schaut, kannst du immer wieder Randbemerkungen einwerfen, wie süß du den Schauspieler oder die Schauspielerin findest. Oder du kommentierst eine Liebesszene. Schnell werden die anderen merken, welches Geschlecht für dich die größere Anziehungskraft hat.
9. Schenke Blumen
Überrasche deine Familie oder Freunde mit einem Blumenstrauß in Regenbogen-, Transgender- oder Bisexuellen-Farben. Erkläre ihnen, wofür jede einzelne Farbe steht und dass das bunte Potpourri die Vielfalt der Geschlechter in aller Welt symbolisiert. Wer freut sich nicht über einen schönen Strauß Blumen?
10. Trete in Kontakt mit Gleichgesinnten
In fast jeder Stadt gibt es Gruppen Gleichgesinnter, in denen du offen über dein Coming-out reden und von den Erfahrungen der anderen profitieren kannst. Auch im Internet findest du Portale, auf denen du dich anonym austauschen kannst. Zu wissen, dass man auf seinem Weg nicht alleine ist, stärkt das Selbstvertrauen und macht Mut, sich offen zur eigenen Geschlechtsidentität zu bekennen.
Fazit
Es gibt viele Möglichkeiten für ein Coming-out. Du kannst dich humorvoll, ernsthaft oder feierlich offenbaren. Der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt. Ratsam ist es, dass du dir dabei keinen Stress machst oder dich von anderen zu diesem Schritt nötigen lässt. Du alleine entscheidest, wann und ob andere etwas über deine sexuelle Orientierung erfahren sollen oder nicht.